Bundesweite Razzia gegen "Letzte Generation"

 


Polizistinnen gehen am 24.05.2023 während einer Hausdurchsuchung in Berlin-Kreuzberg zu einem Fahrzeug. Polizei und Staatsanwaltschaft haben im Zuge eines Ermittlungsverfahrens zu Mitgliedern der Letzten Generation 15 Objekte in sieben Bundesländern durchsucht. (Quelle: dpa-Bildfunk/Christoph Soeder)
Razzia gegen ''Letzte Generation''3 Min

    Die Polizei hat in mehreren Bundesländern Durchsuchungen bei mutmaßlichen Mitgliedern und Unterstützern der "Letzten Generation" durchgeführt. In Berlin wurde auch die Wohnung eines bekanntes Gesichts der Gruppe durchsucht.

    • bundesweite Razzia gegen "Letzte Generation"
    • vier Durchsuchungen in Berlin - auch bei Mitgründerin Carla Hinrichs
    • Beschlagnahmung von Konten, Webseite der Aktivsten offline
    • 170 Beamte im Einsatz, Durchsuchungen verliefen friedlich, keine Festnahmen
    • Ermittlungen richten sich nicht gegen Spender

    Bei einer großangelegten Razzia gegen Aktivisten der Klimaschutzgruppe "Letzte Generation" ist auch die Wohnung ihrer Sprecherin Carla Hinrichs im Berliner Stadtteil Kreuzberg durchsucht worden. Das bestätigten die Aktivisten am Mittwoch. Hinrichs ist Mitgründerin der Gruppe und war im März wegen der Teilnahme an einer Straßenblockade zu einer Geldstrafe verurteilt worden.

    Insgesamt durchsuchten rund 170 Polizeibeamte am Mittwochmorgen 15 Wohnungen und Geschäftsräume der Klimaschutzgruppe in sieben Bundesländern. Die Razzia wurde im Auftrag des Bayerischen Landeskriminalamts und der Generalstaatsanwaltschaft München durchgeführt. Hintergrund ist ein Ermittlungsverfahren der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET).

    In Berlin gab es Durchsuchungen gab es an vier Orten. Darüber hinaus waren Polizeibeamte in Fulda, Hamburg, Magdeburg, Dresden, Augsburg, München und im Kreis Segeberg (Schleswig-Holstein) im Einsatz.

    Die Beamten stellten Konten und Vermögenswerte sicher. Die Website der Gruppe wurde auf Anweisung der Staatsanwaltschaft "beschlagnahmt und abgeschaltet", wie ein Polizeisprecher sagte. Inzwischen ist sie unter einer neuen Adresse allerdings wieder online. Die Durchsuchungen verliefen ersten Informationen nach friedlich. Es gab keine Festnahmen.

    Vorwurf: Spenden für Straftaten gesammelt

    Ermittelt wird gegen sieben Beschuldigte, die zwischen 22 und 38 Jahre alt sind. Fünf von ihnen wird nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen, zweien die Unterstützung.

    Konkret werden sie beschuldigt, eine Spendenkampagne zur Finanzierung "weiterer Straftaten" für die "Letzte Generation" organisiert, die über deren Website beworben und dadurch mindestens 1,4 Millionen Euro an Spendengeldern eingesammelt zu haben. Das Geld sei auch überwiegend für die Begehung weiterer Straftaten eingesetzt worden, hieß es. Die aktuellen Ermittlungen würden sich aber nicht gegen die Spender richten, sagte ein Sprecher dem rbb.

    Zwei Beschuldigte stehen zudem im Verdacht, im April 2022 versucht zu haben, die Öl-Pipeline Triest-Ingolstadt zu sabotieren.

    Das Verfahren wurde der Behörde zufolge "aufgrund zahlreicher Strafanzeigen aus der Bevölkerung, die seit Mitte des Jahres 2022 eingingen", eingeleitet. Im Verlauf der Ermittlungen habe sich herausgestellt, dass sich die Fälle auf das Bundesgebiet ausweiten, sagte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft München gegenüber dem rbb. In München würde die Federführung liegen, andere Bundesländer leisteten aber Amtshilfe, hieß es weiter.

    Razzia gegen "Letzte Generation": Polizisten kommen bei einer Hausdurchsuchung in Berlin-Kreuzberg aus einem Gebäude © dpa/Christoph SoederPolizisten kommen bei einer Hausdurchsuchung in Berlin-Kreuzberg aus einem Gebäude.

    Allerdings geht es bei den Ermittlungen bislang nicht um konkrete Taten, wie der Pressesprecher des LKA Bayern, Ludwig Waldinger, im rbb24 Inforadio betonte, "sondern um die Finanzierung einer kriminellen Vereinigung", so Waldinger.

    Bundesinnenministerin Faeser: Rechtsstaat lässt sich nicht auf der Nase herumtanzen

    Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte, die Maßnahmen zeigten, "dass der Rechtsstaat sich nicht auf der Nase herumtanzen lässt". Polizei und Justiz nähmen Straftaten nicht hin, sondern handelten, sagte sie der Funke-Mediengruppe.

    Legitimer Protest ende immer da, wo Straftaten begangen und andere in ihren Rechten verletzt würden: "Wenn diese rote Linie überschritten ist, dann muss die Polizei handeln."

    Im Zusammenhang mit Klimaprotesten hätten die Polizeibehörden im vergangenen Jahr mehr als 1.600 Straftaten registriert. Ein großer Teil davon gehe auf Straftaten bei den Straßenblockaden und anderen Aktionen der "Letzten Generation" zurück, erläuterte Faeser. Sie habe kein Verständnis für diese Aktionen. "Wir können die Klimakrise nur demokratisch bekämpfen", betonte sie. Der Rückhalt in der Gesellschaft sei die entscheidende Grundlage dafür: "Wer andere im Alltag blockiert und ihnen das Leben schwermacht, der schadet dem Klimaschutz."

    Aktivisten nennen Aktion "völlig bekloppt" und kündigen weiteren "Widerstand" an

    Die Aktivistengruppe äußerte sich nur kurz: "Lobbystrukturen durchsuchen und fossile Gelder der Regierung beschlagnahmen - Wann? Bundesweite Razzia. #VölligBekloppt" hieß es auf Twitter in Anspielung auf eine Aussage von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Montag vor Schülern in Kleinmachnow. Scholz hatte die Klebe-Aktionen dort als "völlig bekloppt" bezeichnet.

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