Speisen mit der Uhr im Blick

 


Symbolbild: Ein Kellner bedient am 28.03.2023 eine Gruppe von Gästen, die draußen vor einem Lokal speisen. (Quelle: imago images/M. Jaeger)

    Essen gehen und dann noch länger zusammensitzen? In Berlin ist das manchmal nicht ohne weiteres möglich. Denn Restaurants vergeben bei Reservierungen teils Zeitfenster von maximal zwei Stunden. Dafür haben sie auch gute Gründe, wie der Hotel- und Gaststättenverband erklärt. Von Kira Pieper

    • Restaurants vergeben in Berlin immer öfter zeitlich begrenzte Tisch-Reservierungen
    • Mithilfe der Praxis können sie mehr Gäste an einem Abend bewirten und mehr Umsatz machen
    • Dehoga erklärt die Zeitfenster-Methode mit dem steigenden Kostendruck auf die Betriebe
    • Verbraucherzentrale verzeichnet kein erhöhtes Beschwerdeaufkommen aufgrund der Reservierungspraxis
    Kosten belasten Gastronomen
    International gang und gäbe
    Kein Thema bei Verbraucherzentrale

    In einem Restaurant nett abends essen gehen? Wer sichergehen möchte, einen Platz in seiner anvisierten Lieblings-Location zu ergattern, reserviert besser vorab und das am liebsten online mit wenigen Klicks.

    Doch während dieses Prozesses kommt die Vorfreude mitunter einen Dämpfer: Denn viele Restaurants vergeben ihre Tische nur noch für eine Zeitspanne von zwei Stunden. So können mehr Gäste an einem Abend speisen, das bedeutet mehr Umsatz für die Gastronomen. Für die Kunden bedeutet das aber auch Stress: Drei Gänge in zwei Stunden, hat mit gemütlichem Essen und Beisammensein für manche nicht mehr viel zu tun.

    Thomas Lengfelder, Hauptgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) Berlin, erklärt auf Nachfrage von rbb24: "Leider machen die rasant steigenden Kosten in den Bereichen Mieten, Energie, Lebensmittel und Personal diese Vorgehensweise notwendig." Die Betriebe müssten Wege finden, um ihre Kalkulation in den Griff zu bekommen.

    Mehrere Corona-Lockdowns und -Beschränkungen und zuletzt die steigende Inflation setzten der Gastronomie-Branche schwer zu. Laut Statistischem Bundesamt lagen die Umsätze in der Gastronomie 2022 immer noch 12,5 Prozent niedriger als im Vor-Corona-Jahr 2019.

    Laut einer Dehoga-Umfrage [dehoga-bundesverband.de] leidet die Branche außerdem deutschlandweit unter einem immensen Kostendruck. Demnach beschreiben Betriebe die steigenden Energiekosten aktuell als größte Herausforderung. Nach Angaben der Unternehmer sind die Energiekosten im Februar 2023 gegenüber Februar 2022 um durchschnittlich 71 Prozent gestiegen. Auch die Inflation schlägt zu Buche: Die Kosten für Lebensmittel lagen 31 Prozent und für Getränke 20,5 Prozent über den Vorjahreswerten.

    Zudem sei die Zeitfenster-Vergabe mittlerweile in vielen internationalen Großstädten schon lange eine Selbstverständlichkeit, sagt Dehoga-Geschäftsführer Lengfelder. Und ergänzt: Wählt der Kunde spätere Timeslots, seien diese oftmals auch gar nicht notwendig. Meistens könne der Gast dann länger verweilen oder sogar bis zum Schluss bleiben.

    Beschwerden wegen der Zeitfenster-Praxis in Berliner Restaurants seien bei der Verbraucherzentrale Berlin bislang kein Thema, erklärt Simon Götze. Er ist Jurist bei der Verbraucherzentrale und ergänzt auf Nachfrage von rbb|24: Solange die Bedingungen für die Reservierung im Vorfeld deutlich gemacht würden, sei die Vergabe von Zeitfenstern in Ordnung. Schließlich stünde es den Gästen frei, ob sie das Angebot annehmen wollen oder nicht.

    Aus verbraucherrechtlicher Sicht sollte es dennoch selbstverständlich möglich sein, dass ein gewöhnliches Menü mit Vor-, Haupt- und Nachspeise gemütlich verzehrt werden könne, so Götze. Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin vom Dehoga-Bundesverband, sagt dazu: zeitlich begrenzte Reservierungen seien nicht das Ende der deutschen Gemütlichkeit. Für den Erfolg eines Restaurants seien gutes Essen, freundlicher Service und Wohlfühlatmosphäre die entscheidenden Faktoren.

    Keine Kommentare